Warum ein neuer Bösendorfer ?

Der Kulturkreis Niederfellabrunn hat sich nach den ersten Jahren, in denen er neben Konzerten in geringem Umfang auch Kunstausstellungen und Lesungen veranstaltete, danach ausschließlich auf Konzerte verlegt.

Das Herz unserer Konzertserien war 15 Jahre lang unser Bösendorfer Imperial-Konzertflügel, ein außergewöhnliches Klavier, das immer in unserem Privateigentum war und bei vielen von Ihnen zu besonderen Konzerterlebnissen nicht unwesentlich beigetragen hat.

Dieser Flügel war Baujahr 1908, wurde aber mehrmals im Hause Bösendorfer gewartet und modernisiert. Ein von dort stammender Zettel ist hier zu sehen. Auch eine (leider sehr schlechte) Kopie des sogenannten Laufzettels besitzen wir.

Er bekam auch anstelle seiner ursprünglichen "halbenglischen" Mechanik eine "englische" Mechanik und entsprach damit, insbesondere aber mit seinem wunderbaren Klang, höchsten Ansprüchen.

Imperial-Flügel in Niederfellabrunn 

Druck auf den Steg

Als Lebensdauer eines Flügels nimmt man etwa 80 Jahre an; danach geht in der Regel von dem Druck, den der Resonanzboden von unten auf die über den Steg gespannten Saiten ausübt (bzw. die Saiten von oben auf den Resonanzboden, ähnlich wie bei einer Geige), immer mehr verloren.

Dieser Druck ist aber maßgebend für das freie Schwingen der akustischen Anlage eines Flügels.

Unser Flügel war 95 Jahre alt; in seinen letzten ein, zwei Jahren zeigte er zunehmend seinem Alter entsprechende Symptome. Leider bedingt das Einstellen des Drucks ein komplettes Zerlegen des Instruments (Bezug = Saiten abräumen, Gußeisenrahmen ausbauen und wieder entsprechend justiert einbauen, neu beziehen = besaiten, und dann alle Arbeiten zur Anpassung der Mechanik, also Regulieren, Intonieren usw.).

Diese Arbeiten sind bei einem so großen Flügel sehr aufwendig und teuer und können nur im Bösendorfer-Werk ausgeführt werden. Der Transport ist auch keine Kleinigkeit, da unser Flügel nicht über die Treppe getragen werden kann, sondern bei seiner Anlieferung mittels Hubstaplers an der Terasse hochgehoben werden mußte.

Die Firma Bösendorfer, die gerade in letzter Zeit durch sehr erfolgreiche Neuentwicklungen von Flügeln international von sich reden machte, hat uns den Erwerb des neuen Spitzenmodells 280 vorgeschlagen. Damit hätten wir allerdings wieder einen für unseren Saal eigentlich zu großen Flügel gehabt, dessen Transport (er ist nur 10 cm kürzer und etwas schmäler als der Imperial) auch schwierig wäre.

Imperial-Flügel am Hubstapler

So haben wir uns entschlossen, einen Flügel Modell 225 anzuschaffen; die Firma Bösendorfer ist uns insofern sehr entgegengekommen, als sie unseren Imperial zu einem besonders günstigen Eintauschpreis zurücknahm.

Der neue Flügel ist deutlich kleiner und „handlicher“ als der alte, hat aber (wie der Imperial) zusätzliche Baß-Saiten bis zum F (normalerweise haben Konzertflügel nur 7 ¼ Oktaven und 88 Tasten bis zum A im Bass, der Imperial geht bis zum C !).

Vergleich Bösendorfer 225 und Imperial

Näheres zur Auswahl des neuen Flügels finden Sie hier!

B%ouml;sendorfer 225 in Schönbrunn

Und so sieht der neue Konzertflügel aus (der Hintergrund, Parterre im Schlosspark Schönbrunn, wurde natürlich nicht mitgeliefert).

Trotz des besonderen Entgegenkommens der Firma Bösendorfer verursacht der neue Flügel, der seit dem Frühjahr 2003 bei uns ist, erhebliche Kosten, die wir über die nächsten 10 Jahre hereinbringen müssen. Dies bedingt einige schwerwiegende Änderungen, und zwar hinsichtlich

Eintrittspreisen,

Programmgestaltung,

Werbung, insbesondere über das Internet bzw. per eMail.

Im Zuge der Überlegungen, ob wir uns den neuen Flügel überhaupt leisten können, haben wir verschiedene Daten aus unserer Buchhaltung erhoben.

Sie können hier einen kleinen Einblick bekommen, der sich hauptsächlich auf die anzustrebenden Besucherzahlen bezieht. Darüber hinaus waren natürlich auch viele andere Überlegungen notwendig, zum Beispiel hinsichtlich steuerlicher Aspekte.

Nebenstehend sehen Sie für die Jahre 1997 bis erstes Halbjahr 2002 die durchschnittlichen Besucherzahlen je Konzert (grün) und die Besucherzahl des jeweils am schlechtesten besuchten Konzerts (blau). Die Abos haben wir allen Konzerten durchschnittlich zugerechnet, wodurch bei besonders attraktiven Konzerten (wie etwa Altenberg Trio) der Anteil an Abos tatsächlich größer war als im Durchschnitt: Das Konzert des Altenberg Trios im Jahre 2002 wurde tatsächlich von 71 zahlenden Besuchern gehört.

Statistik Konzertbesucherzahlen

Sie können erkennen, daß es in früheren Jahren immer wieder auch Konzerte mit 20 oder noch weniger Besuchern gab, im Jahre 2002 aber selbst das am schwächsten besuchte Konzert immerhin 45 zahlende Zuhörer hatte. Es war dies der Liederabend von Birgid Steinberger, der sich ein wirklich volles Haus verdient hätte. Ich möchte an dieser Stelle Wilhelm Sinkowicz' Rezension (des gleichen Programms einige Tage später in Wien) in der "Presse" zitieren (und vielen von Ihnen damit zeigen, was sie versäumt haben):

Große Liedkunst: Man höre und staune!

Birgid Steinberger ist als quirliges Bühnentalent längst ein Liebling des Wiener Opernpublikums. Jetzt sang sie im Bösendorfersaal Lieder - und das war schlicht grandios.

Grandios schlicht war es auch. Als Steinberger, von Eduard Kutrowatz grundmusikalisch begleitet, im zweiten Teil Mahler und Volksliedbearbeitungen von Brahms sang, standen manchen Hörern die Tränen in den Augen. So natürlich, so echt empfunden ohne Gekünsteltheit gelingt das kaum einem Sänger.

Das liegt wohl daran, daß Birgid Steinberger ihren schönen Sopran perfekt beherrscht. Der Abend hätte auch unter dem Motto stehen können: Wie singe ich richtig. Allein die Sicherheit, mit der sie Stimmtimbre, Stil, Phrasierung zwischen Schubert und Hugo Wolf "umzupolen" versteht, ist stupend. Was sie an Textdeutlichkeit, blühender vokaler Linienführung und Vielfalt der charakterisierenden Farben leistet, ist beinahe singulär, erinnert an Zeiten, in denen das Liedersingen noch nicht zwischen sogenannten "typischen", mehrheitlich eintönig farblosen Spezialisten und nebenerwerbsmäßig (und unbotmäßig ungeschlacht) aktiven Opernstars aufgeteilt war - sondern feinsinnig differenzierende Kunst.

Anmerkung: Das Vorstehende ist ein Auszug aus einem Rundschreiben, mit dem wir im Frühjahr 2003 alle (ca. 650) unsere Konzert-Interessenten per Post informiert haben, zusammen mit Folder und Antwortkarten.